Marlin Watling hatte zum coffee workshop ins
Action House eingeladen, Referent war Samuel Coppes, Kaffeegenießer aus Darmstadt. 25 Leute waren genauso neugierig wie ich und sind gekommen. Was es nicht alles an Aromen und Rezepturen gibt! Kaffee ist doppelt so aromareich wie Wein, erzählte uns Samuel. Was haben wir nicht experimentiert! Wie Chemiker. Oder, besser noch ausgedrückt, wie Alchemisten auf der Suche nach dem Kaffeegold. Fehlte bloss noch der entsprechende Zauberspruch.
Es gibt jedes Jahr Kaffeemeisterschaften, Samuel hatte ein paar Siegerrezepturen mitgebracht. Siegerrezepturen zu Third-Wave-Kaffee. Das ist Kaffee, der relativ hell in der Röstung ist und deswegen nicht so viel Bitterstoffe hat wie industriell gefertigter (Industriekaffee).
Zum Kaffeebrauen braucht man: gutes Wasser, Mahlwerk (kein Schlagwerk), Feinwaage, Wasserkocher, Thermometer, Stoppuhr des Smartphones, Kaffeekanne.
Es gibt auch Wasserkocher mit Temperaturwähler, dann erübrigt sich das Thermometer.
Zuerst sucht man sich die Rezeptur raus. Wir nahmen den "Kalita Wave" für zwei Tassen. Das ist ein Filterkaffee.
Im ersten Schritt wird gemahlen. 6g pro Tasse auf je 320ml (also eine grosse Tasse) Kaffee. Mahlgrad 6 hat Samuel empfohlen, doch das lässt sich variieren, je nach Geschmack. Wasserkocher auf 94°C einstellen, auf diese Temperatur das Wasser erhitzen. Das erhitzte Wasser über den leeren (!) Filter geben, damit der Papiergeschmack rausgeht, und dann das überschüssige Wasser wegschütten. Kaffeekanne und mit Kaffeemehl gefüllter Filter stehen auf der Waage (auf Null gesetzt), vorsichtig etwas heisses Wasser einfüllen zum "Bloomen". (Die Waage dient dazu, die Wassermenge abzumessen; 1g entspricht 1ml.) "Bloomen" bedeutet, nur etwas Wasser aufzuschütten, sodass das Kaffeemehl nass wird und die Partikel aufquellen können. Zum Aufquellen braucht es Zeit, 30 Sekunden. Danach in Kreisen und gleichmässig das Wasser auffüllen, 3-3,5 Minuten ziehen lassen, den Rest abschütten.
In die Tasse eingiessen und fertig.
Und wem's nun nicht so richtig behagt, kann im
Kaffeekompass nachschauen, woran's gelegen haben könnte oder wie nun was zu berichtigen ist.
Milch steht in diesem Kaffeekompass nicht drin, doch ich finde Milch erlaubt. Ich bin so sehr Milch im Kaffee gewöhnt, ich kann nicht schwarz. Samuel meinte zwar, durch Milch ginge zum Beispiel das Beerenaroma der afrikanischen Kaffeesorten weg, doch Natascha hatte das Beerenaroma erst durch einen Schuss Milch so richtig betont bekommen.
De gustibus non disputant. Das habe ich nicht nur an der Milch gemerkt. Martin will am Liebsten seinen Espresso und eben keinen Filterkaffee oder Kaffee im
AeroPress oder wie auch immer hergestellt. Issam hat uns von Gewürzen im Kaffee erzählt (entweder zu den Kaffeebohnen ins Mahlwerk gegeben oder hinterher ins Kaffeemehl zum Aufbrühen). Etliche sprachen die Beerenaromen an, mir selbst kamen sie säuerlich vor bis hin zu "käsig" beim Schnuppern (beim Trinken schmeckte er besser). Ich mochte den schokoladigen aus Panama am Liebsten.
Cold brewed coffee gibt es auch. Bei Zimmertemperatur angesetzt 12 Stunden ziehen lassen. Dann geniessen. Soll auch sehr gut sein.
Wer den Koffeinschock mag, der tut sich die getrockneten Kaffeekirschen (Kaffeekirschen sind wie Kirschen, das Fruchtfleich um den Samen - in diesem Fall die Kaffeebohnen - drumrum) wie einen Tee aufgebrüht an. Der soll so richtig reinfahren.
Reingefahren ist es mir, das Koffein. Zwei bis drei Stunden hat es gedauert, bis die Wirkung verflachte. Gezittert habe ich nicht, mir war eher schwummerig wie nach zuviel Alkohol. Auch wenn ich als einzige der Gruppe kein Koffein vertrage, so war ich doch nicht die einzige, die die Wirkung sehr spürte. Christof hat es irgendwann gereicht, und auch Marlin sagte am Ende, dass er sich komisch fühle.